Dr. Hans Peter Stamp hat am 21. September 2024 einen Vortrag "Der Hochadel, genealogisch eine (fast) geschlossene Gesellschaft" auf dem AGGSH-Forum gehalten. Hier eine Zusammenfassung aus seiner persönlichen Sicht.
Hans Jürgen Klinker war damals unser Präsident am Anfang meines langen Berufslebens beim Bauernverband. Klinker hatte erfahren, dass die Familienforschung mein Hobby sei und gab mir den Auftrag, ihm einen Bericht darüber zu machen, wie die adligen Mitglieder unseres Verbandes miteinander verwandt seien. Bei der Beschäftigung mit diesem Auftrag machte ich einige grundlegende Erfahrungen:
- Ich sah bald, dass es innerhalb des Adels riesige Unterschiede gibt. Dies lässt sich am besten verdeutlichen, indem man sich die verschieden gefärbten Gotha-Bände näher ansieht.
- Ich sah auch, dass es in Deutschland eigentlich gar keinen Adel mehr gibt, er ist seit 1919 bei uns abgeschafft. Was wie adlige Titel klingt, sind gar keine Titel sondern nur Bestandteile von Namen wie z.B. Prinz, Graf oder Baron. Der einzige wirkliche Titelträger mit einem solchen Attribut ist bei uns der Deichgraf.
- Ich sah aber weiter, dass die Personen des ehemaligen Adels sich untereinander so verhalten, als wenn es die Abschaffung im Jahre 1919 gar nicht gegeben hätte. Auch von außen stehenden lassen sie sich gerne mit Hoheit, Durchlaucht etc. anreden.
- Die für mich wichtigste Erfahrung aber war, dass ich plötzlich ein Material vor mir hatte, das ähnliche Fragestellungen erlaubte wie die, die vorher bei meiner kurzen wissenschaftlichen Laufbahn bei Rindern, Pferden, Schweinen und Hühnern üblich waren. Untersuchungen des Inzuchtkoeffizienten, die Erforschung von Familienlinien über zig Generationen, Wanderungen rezessiver Gene und einige weitere genetische Spielchen waren möglich, wie ich sie vorher an der Universität bei Tieren gelernt hatte. So entstand in meiner Familienforschung ein Teilbereich, der mir zahlreiche Veröffentlichungen u.a. in überregionalen Fachzeitschriften ermöglichte und über etliche Jahre große Teile meiner Freizeit einnahm.
Wenn ich jetzt bei der AGGSH darüber vortragen darf, macht mir das besondere Freude:
- Ein Beispiel dafür, dass auch einige unserer bürgerlichen Forscherkollegen hochadlige Vorfahren haben, bringe ich mit Hans Peter Freundt.
- Mit den Kindern aus der ersten Ehe des österreichischen Kaisers Leopold I ist die Inzucht natürlich dabei. Diese Kinder hatten einen Inzuchtkoeffizienten von 32 %. Wenn man bedenkt, dass Kinder aus der Verbindung von Vollgeschwistern, die ansonsten nicht verwandt sind, „nur“ 25 % haben, ist das schon ziemlich krass.
- Das Blutergen der Queen Victoria durfte nicht fehlen; ihm verdankt die Kieler Christian-Albrechts-Universität wahrscheinlich ihren Namen. Und das prominenteste Opfer dieses Gens war Alexej von Romanow, der Sohn des letzten russischen Zaren.
- Wenn das Kaiserreich bei uns 1919 nicht abgeschafft worden wäre, hätten wir heute einen Kaiser namens Georg Friedrich von Preußen. Ihn habe ich als Beispiel für eine Verfolgung der frühesten erforschten Linien bis ins Alte Rom ausgesucht.
- Besonders fasziniert hat mich die Suche nach dänischen Vorfahren der jüngst abgedankten Königin Margrethe II; im überschaubaren Bereich von 500 Jahren fand ich keine.
Ich habe es immer scheußlich gefunden, dass es früher Leute gab, die das Recht geerbt hatten, über ganze Länder und Völker zu herrschen. Hier habe ich nur ein Beispiel ausgewählt, nämlich den französischen König Ludwig XIV, der gesagt haben soll: „Der Staat, das bin ich!“ Ein Beispiel für diese Clique muss reichen, ich hätte sonst nicht gewusst, wo ich aufhören soll.
Dem habe ich sieben positive Beispiele modernen Fürstentums gegenübergestellt. Hier taucht Margrethe II wieder auf und natürlich Elisabeth II. Das dritte Beispiel ist mit Carl Gustav zwar ein Mann, aber ohne seine Ehefrau und seine älteste Tochter hätten wir von ihm kein so positives Bild, wie es jetzt der Fall ist.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt: Im letzten Drittel meines Vortrages treten diejenigen Hochadligen auf, die ich „meine Schlingelbande“ nenne:
- Da ist als Erster der Reichbürger Reuß,
- Dann kommt die geborene Herzogin von Oldenburg - aktuell namens von Storch - mit besonders vielen Ordnungsrufen als Bundestagsabgeordnete,
- Es folgt Queen Mary als Kleptomanin,
- Dann der Schwerverbrecher Leopold der II von Belgien, den man fast mit Hitler, Stalin und Mao auf eine Stufe stellen kann,
- Dann der SS-General Josias von Waldeck, der von den Amerikanern lebenslänglich bekam, aber aus „gesundheitlichen“ Gründen entlassen wurde und noch 17 Jahre als Chef des Fürstenhauses Waldeck fungieren konnte
- Dann einige Skandalnudeln von Juan Carlos über Andrew und den Prügelprinzen bis zu König Eduard VII. Auch der letzte italienische Kronprinz ist dabei und Prinz Bernhard der Niederlande.
- Gezögert habe ich zunächst bei Ludwig II von Bayern. Aber dann habe ich gesagt: „Wer sein Amt als König nicht wirklich wahrnimmt, dafür aber mit seinem Baufimmel fast die Staatsfinanzen ruiniert, gehört auch zur Schlingelbande“.
- Und schließlich geht es um den ehemaligen deutschen Kronprinz, der Hitler und den Nationalsozialismus dadurch förderte, dass er in Uniform mit Hakenkreuzarmbinde auftrat.
Bei allen im Vortrag erwähnten Personen habe ich ein Foto und jeweils danach eine Ahnentafel bis zur Generation der Urururgroßeltern gebracht. Das ist teilweise viel klein geschriebener Text, den sich während des Vortrages niemand vollständig merken kann. Deshalb habe ich am Anfang meine E-Mail-Adresse gezeigt. So kann sich jeder während des Vortrages notieren, von welchen Teilen er eine Zusendung haben möchte. Der europäische Hochadel besteht für die Zeit von 50 Generationen aus ca. 30000 Personen (das sind nur die, die Nachkommen hatten oder haben, insgesamt sind es mehr), also durchschnittlich 600 pro Generation. Da immer ca. drei Generationen gleichzeitig leben, sind es für jeden Betrachtungszeitpunkt also knapp 2000 Personen. Ich habe einen hohen Anteil von ihnen in meiner Datei und ich teile dieses Wissen gerne mit jedem, der daran Interesse hat. Wer mit mir einen Gedcom-Tausch macht, bekommt sie alle.
Die Präsentation steht auch im Mitgliederbereich zum Download zur Verfügung.
Unser Mitglied Dr. Hans Peter Stamp hat einen interessanten Beitrag zur Verfügung gestellt:
Wer mich kennt, denkt an Landwirtschaft und an meine Hobbys: die Schleswig-Holsteinische Landesgeschichte, die Kolonisierung der Schleswigschen Geest 1761 bis 1764 und die Familienforschung.
Der anliegende Aufsatz „Familienforschung und Inzucht“ soll zeigen, dass man mit der Genealogie mehr machen kann, als nur Material für Familiengeschichten aufzuspüren. Ich wünsche viel Freude bei der Lektüre.
Eine weitere Verbreitung ist nicht nur erlaubt sondern von mir gewünscht.
Zur Beantwortung von Fragen stehe ich gerne zur Verfügung und antworte meist auch schnell. Wer mir allerdings ganze Ahnenlisten schickt mit der Bitte, daraus Inzuchtkoeffizienten zu berechnen, kann „nur“ Hilfe zur Selbsthilfe erwarten, also Tipps, wie man das macht. In Ausnahmefällen werde ich auch Berechnungen liefern, u.a. wenn in der Liste viele mir bekannte Ahnen sind.
Viele Grüße
Hans Peter Stamp
Der Aufsatz steht hier zum Download zur Verfügung.
Der Aufsatz wurde auch in den Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde e.V. veröffentlicht (Heft 07-09.2022)
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Unser Mitglied Dr. Hans Peter Stamp beschäftigt sich seit 50 Jahren mit der Kolonisierung der Schleswigschen Geest in den Jahren 1761 bis 1765. Damals wurden 574 Bauernhöfe in 46 neu gegründeten Dörfern eingerichtet und an zumeist süddeutsche Einwanderer vergeben. Die damals klassischen Einwanderungsländer wie z.B. Preussen, Russland und Österreich-Ungarn waren bis 1763 in den Siebenjährigen Krieg verwickelt. In ein Land, in dem Krieg herrscht, zieht man nicht; so hatte der damalige Dänische Gesamtstaat als friedliches Land die Chance, Siedler für das Herzogtum Schleswig anzuwerben.
Nach Ende des Siebenjährigen Krieges zogen viele weiter an die Wolga, weil es dort mehr und besseres Land gab. Zehn Jahre später waren in den neuen Dörfern ungefähr ebenso viele einheimische Nachrücker wie Süddeutsche. Für 583 Anfangskolonisten hat Stamp Nachkommen aufgespürt - im Durchschnitt 464,7 - und in einer Datei namens KONADA (Kolonistennachkommendatei) zusammengestellt. Es sind also gut 270000 mit etlichen Mehrfachzählungen, Stamp selbst kommt z.B. fünfmal darin vor; es sind ca. 80000 verschiedene Personen
Auffällig ist, dass die süddeutschen Anfangskolonisten fast doppelt so viele Nachkommen haben wie die Einheimischen, obgleich im Gesamtmaterial die Einheimischen sogar leicht in der Mehrheit sind. Besonders krass tritt das hervor, wenn wir nur die achtzehn betrachten, die mehr als 2000 Nachkommen haben; darunter sind nur zwei Einheimische.
Stamp informiert über die Ergebnisse seiner Forschungen gerne. Wer mehr wissen will oder Nachkommenlisten haben möchte, schickt eine E-Mail an
. Wer Stamp seine Ahnenliste schickt, erfährt von ihm, ob Kolonisten dabei sind.
Unser Kontaktformular, das an dieser Stelle war, hat sich als Sicherheitslücke erwiesen. Wir suchen eine neue Lösung. Bis dahin senden Sie Anfragen bitte direkt aus Ihrem E-Mail-Programm an
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